Mehr Sozialhilfe für Behinderte, die zu Hause leben

(red/dpa). Eine gute Nachricht für Menschen mit Behinderung: Laut der Bundesministerin für Arbeit und Soziales sollen erwachsene Behinderte ohne eigenen Haushalt künftig genauso viel Sozialhilfe bekommen wie Menschen mit Behinderung, die alleine leben. Profitieren könnten von dieser neuen Regel 30.000 bis 40.000 Menschen, wie die Bundesvereinigung Lebenshilfe schätzt.

2011 beschloss der Gesetzgeber die Sozialhilfesätze für erwachsene Menschen mit Behinderung, die keinen eigenen Haushalt führen können oder wollen und zum Beispiel bei ihren Eltern leben, zu kürzen. Ihnen zahlten die Sozialämter seitdem monatlich 313 Euro („Regelbedarfssatz 3“), Behinderte mit eigenem Haushalt erhielten dagegen den vollen Sozialhilfesatz von 391 Euro („Regelbedarfssatz 1“).

Diese Praxis haben nicht nur Betroffene und Behindertenverbände kritisiert, sondern auch das Bundessozialgericht (BSG). „Das BSG hat in mehreren Urteilen die unterschiedlich hohen Regelbedarfssätze als unvereinbar mit dem Grundgesetz gewertet und verworfen“ sagt Rechtsanwalt Martin Schafhausen von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Erst diesen Dienstag haben die höchsten Sozialrichter in Erfurt solche Urteile gefällt (AZ: B 8 SO 5/14 R und B 8 SO 9/14 R).

Regelbedarfssätze für erwachsene Behinderte vor dem Bundessozialgericht

Bereits im Juli 2014 hatte sich das BSG in drei Fällen mit den ungleichen Regelbedarfssätzen befasst und ähnlich wie jetzt argumentiert und entschieden. Damals betonten die Richter, der Anspruch auf den vollen Sozialhilfesatz hänge nicht vom eigenen Haushalt ab. Es genüge, dass jemand einen Haushalt gemeinsam mit einer anderen Person führe, die nicht der Partner sei. Für die Haushaltsführung seien auch die individuellen Fähigkeiten der Mitglieder zur Haushaltsgemeinschaft unerheblich, alles andere verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (AZ: B 8 SO 14/13 R, B 8 SO 31/12 R und B 8 SO 12/13 R).

Trotz dieser höchstrichterlichen Urteile änderte sich aber zunächst nichts. Denn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hatte über Rundschreiben die Umsetzung dieser Urteile des BSG ausgesetzt. „Das führte dazu, dass die Sozialämter an der Praxis festhielten, Menschen mit Behinderung weniger Sozialhilfe zu zahlen, wenn diese keinen eigenen Haushalt führten“, erklärt der Frankfurter Anwalt Schafhausen.

Reform angekündigt

Inzwischen aber ist Bewegung in die Frage der ungleichen Regelbedarfssätze gekommen, ab 2016 soll eine Neuregelung der Sozialhilfesätze für erwachsene Menschen mit Behinderung greifen. Doch bereits in diesem erhalten zu Hause Lebende den vollen Sozialhilfesatz. Mehr Geld auf dem Konto sollen die Betroffenen dann ab Mai haben.

Nachzahlungen der Regelbedarfssätze für Behinderte

Auch mit Nachzahlungen können sie rechnen. „Geplant ist, dass kein Betroffener einen Antrag stellen muss, damit er die Nachzahlungen erhält“, erklärt ein Sprecher des Bundesministeriums gegenüber der Deutschen Anwaltauskunft das Prozedere. Die Nachzahlung erfasse die Jahre 2013 und 2014.

Was ist Sozialhilfe?

Grundsicherung, Sozialgeld, Sozialhilfe - die vielen sozialen Leistungen hierzulande können für Verwirrung sorgen. Die Grundsicherung nach dem SGB II, auch Hartz-IV genannt, erhalten erwerbsfähige, arbeitslose Menschen. Sozialgeld bekommen nichterwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Das können etwa Kinder unter 15 Jahren sein. Sozialhilfe ist eine Leistung, die Erwerbsunfähigen zukommt. Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt können Menschen bekommen, die wegen ihres Alters oder voller Erwerbsminderung nicht arbeiten können.

Zurück

Wir setzen auf unserer Seite Cookies ein. Einige Cookies werden für technische Zwecke eingesetzt und sind daher von der Zustimmungsflicht ausgenommen. Andere nicht notwendige, optionale Cookies werden zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit eingesetzt, um die Nutzung unserer Website statistisch zu erfassen sowie zum Zwecke der Optimierung unseres Angebotes. Sämtliche optionale Cookies werden ausschließlich erst nach Ihrer Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO, § 25 Abs. 1 TTDSG gesetzt.
Durch Bestätigung des Buttons „Alle Akzeptieren“ stimmen Sie der Verwendung aller optionalen Cookies zu. Alternativ können Sie Ihre bevorzugten Einstellungen vornehmen, bevor Sie zustimmen oder ablehnen. Über den Button „Details anzeigen“ können Sie auswählen, welche optionalen Cookies Sie zulassen oder ablehnen wollen. Ihre Zustimmung können Sie jederzeit in ihren Einstellungen ändern oder zurückziehen.
Weitere Informationen zu den technischen und optionalen Cookies erhalten Sie auch in unserer Datenschutzinformation und im Impressum.