Unfallversicherungsschutz: Welche Wege gelten als Arbeitsunfall?

Es hängt von der Abgrenzung ab: Hat es sich um betriebliche oder private Gründe gehandelt? Dinge wie „frische Luft schnappen“ oder das Rad unterstellen sind private Gründe. Verletzt man sich auf dem Weg zurück zur Arbeit, liegt dann kein Arbeitsunfall vor. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. März 2017 (AZ: L 3 U 4821/16).

Arbeitsunfall beim versehentlichen Ausschließen

Die Mitarbeiterin einer Volkshochschule fuhr mit dem Rad zu ihrem Arbeitsplatz und stellte es im Hof ab. Das Fahrrad benutzte sie auch gelegentlich für dienstliche Botenfahrten.

Während der Arbeit verließ sie das Gebäude und ging in den Hof. Sie wollte „frische Luft schnappen“ und wegen des aufkommenden Windes und einsetzenden Regens nach ihrem Fahrrad schauen und es gegebenenfalls unterstellen.

Als sie rausging, fiel hinter ihr die Tür ins Schloss. Sie hatte keinen Schlüssel, einen weiteren Ausgang gab es nicht. Daher versuchte die Frau, über einen zwei Meter hohen Zaun zu klettern. Dabei rutschte sie ab und verletzte sich am rechten Zeigefinger. Das oberste Glied wurde amputiert. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab.

Welche Wege gelten als Wegeunfall / Arbeitsunfall?

Bei der Bewertung dieses Sachverhaltes kommt es darauf an, welche Wege versichert sind.

  • Wege zur und von der Arbeit

Grundsätzlich liegt ein Wegeunfall vor bei einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder zurück nach Hause. Dabei kommt es darauf an, dass der Betreffende sich auf dem unmittelbaren Weg befindet. Macht er Umwege, um private Dinge zu erledigen, sind diese dann nicht versichert.

  • Betriebswege

Ein unfallversicherter Betriebsweg liegt dann vor, wenn der Weg einen Nutzen für den Arbeitgeber hat, beziehungsweise eine Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt wird. Etwa weil der Arbeitgeber möchte, dass ein Mitarbeiter etwas abholt oder wegbringt.

Davon zu trennen sind Wege, die aus privaten Gründen absolviert werden. Dabei unterbricht aber nicht jeder private Zweck sofort den Unfallversicherungsschutz. Wenn die Unterbrechung zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig ist und „im Vorbeigehen“ und „ganz nebenher“ erledigt wird, ist die berufliche Tätigkeit nicht unterbrochen. Es ist daher wichtig, seine möglichen Ansprüche durch einen Sozialrechtsanwalt überprüfen zu lassen. DAV-Sozialrechtsanwältinnen und -anwälte findet man in der Anwaltssuche auf dieser Website.

Im vorliegenden Fall musste die Frau zwei Etagen hinuntergehen, um in den Hof zu kommen. Sowohl räumlich als auch zeitlich lag also eine Unterbrechung der Arbeitstätigkeit vor.

Kein Arbeitsunfall bei Unterbrechen der Tätigkeit

Die Gerichte entschieden nach diesen Grundsätzen in zwei Instanzen, dass hier keine versicherte Tätigkeit vorlag. Es waren eigennützige Motive, die die Frau veranlasst hatten, in den Hof zu gehen: einmal wegen der frischen Luft und um später nicht auf einem nassen Sattel sitzen zu müssen.

Etwas Anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn es etwa zur Erhaltung der Arbeitskraft notwendig wäre, an die frische Luft zu gehen. Dabei komme es aber auf die Verhältnisse am Arbeitsplatz an. Zum Beispiel, wenn die Frischluftzufuhr nicht ausreichend gewährleistet sei. Beispiel: Sicherlich werde man einem Mitarbeiter an einem Hochofen zugestehen müssen, gelegentlich an die frische Luft zu gehen. In einem solchen Fall diene dies der Aufrechterhaltung der Gesundheit.

Ist ein Fahrrad ein Arbeitsgerät?

Auch wenn die Frau mit ihrem Fahrrad gelegentlich Botengänge für ihren Arbeitgeber unternimmt, ist das Fahrrad kein Arbeitsgerät im Sinne des Gesetzes. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Arbeitsgerät objektiv für die Verrichtung der Tätigkeit geeignet ist und hauptsächlich für die Arbeit genutzt wird. Wird das Rad genutzt, um damit zur Arbeit zu fahren, ist es kein Arbeitsgerät. Grundsätzlich wird es privat genutzt.

Quelle: www.dav-sozialgericht.de

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