Witwenrente oder Versorgungsehe?

Gelingt es ihm nachzuweisen, dass andere Beweggründe als eine Versorgungsabsicht für die Hochzeit überwogen, besteht Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2017 (AZ: S 11 R 1839/16), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Papiere über Monate beschafft – keine Versorgungsehe

Die 1957 geborene, aus der Ukraine stammende Frau lernte 2007 ihren späteren Ehemann kennen. Er selbst war bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg versichert.

Im Dezember 2010 wurde bei dem Mann eine bereits fortgeschrittene Krebserkrankung festgestellt. Im Februar 2011 beantragten beide die Eheschließung. Ende März heirateten sie in Berlin. Der Mann starb bereits zwei Monate später.

Die Witwe beantragte die Gewährung von Witwenrente. Dies lehnte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg ab. Ihrer Auffassung nach lag eine „Versorgungsehe“ vor. Die Witwe habe die gesetzliche Vermutung nicht widerlegen können. Die Rentenversicherung argumentierte damit, dass die Vorbereitung für die Eheschließung erst begann, als der lebensbedrohliche Zustand des Mannes schon bekannt war – und dies obwohl beide sich bereits 2007 kennengelernt hatten.

Witwenrente, wenn keine Versorgungsehe vorliegt

Die Klage der Witwe gegen die Rentenversicherung war erfolgreich. Die Frau hat Anspruch auf Witwenrente, obwohl bereits am Hochzeitstag absehbar war, dass der Mann bald sterben würde.

Es kommt immer auf die Gesamtbetrachtung an. Ergibt diese, dass eine Versorgungsabsicht des Hinterbliebenen überwiegt, ist die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe bestätigt. Es liegt aber in der Hand des Betroffenen, das Gegenteil zu beweisen.

Eine gewichtige Bedeutung kommt dem Krankheitsbild des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. Je offensichtlicher die Lebensbedrohlichkeit, desto größer die Zweifel daran, dass die Ehe nicht mit dem Ziel der Versorgungsabsicherung geschlossen worden ist. Eine vorangegangene lange Liebesbeziehung spricht eher für eine Versorgungsehe.

Im vorliegenden Fall konnte die Frau jedoch nachweisen, dass sie sich bereits im Laufe des Jahres 2010 um die Beschaffung der erforderlichen Papiere bemüht hatte. Also noch vor der Feststellung der Krebserkrankung im Dezember 2010. Die Beschaffung war jedoch besonders schwierig, weil beide Partner zuvor schon einmal verheiratet gewesen waren. Auch hatte die Frau monatelang auf Unterlagen aus der Ukraine warten müssen.

Das Standesamt bestätigte, dass bei der Eheschließung mit einer ausländischen Staatsangehörigen zwischen einer ersten Auskunft über die erforderlichen Papiere bis zu deren Beschaffung im Allgemeinen mehrere Monate vergehen. Also wollte das Paar schon heiraten, bevor die Krebserkrankung festgestellt wurde.

Dieses Urteil zeigt – auch wenn es noch nicht rechtskräftig ist –, dass es sich lohnen kann, nicht locker zu lassen. Es kommt immer auf die Umstände im konkreten Einzelfall an. Der Betroffene ist gegenüber der Rentenversicherung im Nachteil. Daher ist es erforderlich, sich anwaltliche Hilfe zu holen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Sozialrecht in der Nähe findet man in der Anwaltssuche.



Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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