Zugang zu Sozialleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine

Geflüchtete aus der Ukraine dürfen zunächst visumsfrei nach Deutschland einreisen. Nun hat die Europäische Kommission einen Beschluss nach der Richtlinie 2001/55/EG erlassen, wonach alle Geflüchteten aus der Ukraine einen Aufenthaltsstatus erhalten. In Deutschland wird dieser Beschluss dann durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 24 AufenthG umgesetzt.

Leistungsansprüche bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG

Die elementarsten Leistungen für den Lebensunterhalt, Unterkunft, Gesundheit erhalten Betroffene vom örtlich zuständigen Sozialamt.

Hier ein Antragsmuster:

WICHTIG: Die Sozialämter sind angehalten, Anträge auf Sozialleistungen als Asylgesuch auszulegen und somit Leistungen nach AsylbLG zu gewähren. Betroffene müssen daher mit dem Antrag beim Sozialamt ausdrücklich erklären, dass sie kein Asylgesuch abgeben wollen! Andernfalls beginnt formal das Asylverfahren, das für die Betroffenen aber keinen Sinn ergibt, da sie einen sicheren Aufenthalt haben und mit Ablauf des „Schengenstatus“ auch sicher eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten werden. Und natürlich sind die Leistungen nach AsylbLG auch schlechter als die nach dem SGB XII!

Leistungen vom JobCenter nach SGB II sind leider ausgeschlossen, weil die Betroffenen nach den „Schengenregeln“ visumsfrei einreisen dürfen, was mit einem absoluten Arbeitsverbot verbunden ist. Damit gelten die Betroffenen nach § 8 Abs. 2 SGB II als nicht erwerbsfähig und sind so von Leistungen nach SGB II ausgeschlossen.

Betroffene müssen also bei dem Sozialamt, am Ort ihrer Unterkunft Leistungen beantragen. Da es Berichte gibt, dass Sozialämter Geflüchtete aus der Ukraine abweisen, erscheint Unterstützung dringend erforderlich – es muss darauf bestanden werden, die Anträge zu stellen. Weigert sich ein Sozialamt, so sollte sofort Eilrechtsschutz beim zuständigen Sozialgericht gesucht werden. Wichtig ist die Dokumentation der Vorsprache beim Sozialamt oder die Antragstellung auf schriftlichem oder elektronischem Weg.

Diese Leistungen können vom Sozialamt beansprucht werden:

existenzsichernden Leistungen nach SGB XII

Hier greift der Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XII, der Leistungen für die ersten drei Monate des Aufenthalts ausschließt. Darauf berufen sich die Sozialämter, die Betroffene abweisen.

Aber es besteht ein Anspruch auf sogenannte Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII. Diese Überbrückungsleistungen müssen in Härtefällen gem. § 23 Abs. 3 S. 5 und 6 SGB XII in Höhe des vollen Regelsatzes zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung erbracht werden für den gesamten Zeitraum der Hilfebedürftigkeit. Dass bei den Geflüchteten aus der Ukraine ein solcher Härtefall anzuerkennen ist, dürfte nicht ernsthaft angezweifelt werden. Sollte ein Sozialamt den Härtefall verneinen: sofort Eilrechtsschutz beim Sozialgericht suchen.

Dauert der Aufenthalt in Deutschland schon länger als 3 Monate an, so greift der Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XII nicht mehr und es besteht Zugang zu regulären existenzsichernden Leistungen. Solange noch kein Aufenthaltstitel erteilt wurde und der visumfreie Status verlängert wurde, sind Leistungen nach Kapitel 3 SGB XII zu gewähren.

Gesundheitsleistungen nach SGB XII

Hilfe bei Krankheit

Wer über keine wirksame Krankenversicherung verfügt, erhält Hilfe zur Gesundheit nach §§ 47 ff. SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V über das Sozialamt. Es ist eine Gesundheitskarte zu vergeben.

Hilfe zur Pflege

Wer pflegebedürftig ist, kann Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII beziehen. Das Sozialamt hat unverzüglich den Pflegegrad festzustellen – danach kann zwischen Pflegeleistungen durch einen Pflegedienst oder Pflegegeld (bei Pflege durch private Pflegeperson[en]) gewählt werden.

Teilhabeleistungen nach SGB IX

Auch für Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung sind die Sozialämter zuständig. Menschen mit Behinderung haben zudem Zugang zu Leistungen zur Teilhabe, insbesondere Leistungen der Eingliederungshilfe, nach SGB IX. Hier kann vor allem die Einzelfallhilfe für die Betroffenen interessant werden, um mit der neuen Situation besser zurechtzukommen.

Leistungsansprüche ab Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AsylbLG

Sobald eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erteilt ist, ist zwingend der Anwendungsbereich des AsylbLG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Bst. a AsylbLG) eröffnet. Damit ist der Zugang zu existenzsichernden Leistungen und Gesundheitsleistungen nach SGB XII und der Zugang zu sonstigen Leistungen nach SGB V / IX ausgeschlossen.

Hier kann auf die sehr übersichtliche und detaillierte Zusammenstellung von Claudius Voigt (GGUA) verwiesen werden: https://ggua.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/Aufenthalt_24.pdf

Ergänzend hier di9e zuständigen Behörden, bei denen die Leistungen zu beantragen sind:

Bei Bedarfsdeckung durch Erwerbstätigkeit

Wer nicht auf Leistungen nach AsylbLG angewiesen ist, weil Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit vorhanden ist, hat ggf. auch Zugang zur Sozialversicherung.

Besteht eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, so treten die Pflichtversicherungen für

  • gesetzliche Krankenversicherung

  • gesetzliche Pflegeversicherung

  • gesetzliche Arbeitslosenversicherung

  • gesetzliche Rentenversicherung

  • gesetzliche Unfallversicherung

in Kraft und die Betroffenen sind dadurch weitgehend abgesichert.

Wer nicht versicherungspflichtig beschäftigt ist, sondern beispielsweise durch Einkommen aus Selbständigkeit keine Leistungen nach AsylbLG erhält, kann ggf. nur über private Versicherungen eine Absicherung erhalten, wenn die Ansprüche nach dem AsylbLG als nicht ausreichend angesehen werden. Denn grundsätzlich ist auch der Selbständige mit einem Aufenthalt nach § 24 AufenthG im Krankheitsfall über §§ 4, 6 AsylbLG abgesichert.

Antragstellung – zuständiges Sozialamt

Wer bereits eine Unterkunft gefunden hat, muss seine Anträge bei dem Sozialamt am Ort der Unterkunft stellen. Wer noch keine Unterkunft gefunden hat, stellt den Antrag beim nächst gelegenen Sozialamt.

Die Betroffenen haben nicht die Aufgabe, sich durch den Dschungel der deutschen Zuständigkeitsregelungen zu schlagen – das angegangene Sozialamt hat den Antrag entgegenzunehmen und ihn ggf. an das zuständige Amt weiterzuleiten (§ 16 SGB I). Da oft Notlagen bestehen werden (keine Geldmittel vorhanden), hat das zuerst angegangene Sozialamt auch vorläufige Leistungen sofort auszuzahlen, selbst wenn es nicht zuständig ist (§ 43 SGB I).

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