Berliner Testament: Hartz-IV-Empfänger muss Pflichtteil geltend machen

Nach einem solchen Berliner Testament wird zunächst der überlebende Ehepartner Alleinerbe. Erst nach dessen Tod erben die Kinder den Nachlass. Ein Hartz IV-Empfänger kann aber verpflichtet werden, dann seinen Pflichtteil geltend zu machen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Mainz vom 23. August 2016 (AZ: S 4 AS 921/15). Voraussetzung ist aber, dass ausreichend Barvermögen vorhanden ist, um den Erben auszuzahlen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

 

Berliner Testament, Hartz IV und Freibeträge: Welche Regeln gelten?

 

Der Vater des Mannes hatte mit seiner Frau ein Berliner Testament vereinbart. Nach den Vorgaben des Testaments soll zuerst der überlebende Ehepartner Alleinerbe werden und erst nach dessen Tod die zwei gemeinsamen Kinder den verbliebenen Nachlass erben.

 

Der Vater starb im Frühjahr 2015. Der Sohn, Hartz IV-Empfänger, war wegen des Berliner Testaments zunächst von der Erbschaft ausgeschlossen. Er hatte aber in jedem Fall einen Anspruch auf Auszahlung des Pflichtteils in Höhe von einem Achtel des Nachlasses. Der Wert der Erbschaft betrug rund 140.000 Euro, darunter ein Barvermögen von 80.000 Euro. Abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten standen dem Sohn als Pflichtteil etwa 16.500 Euro zu, die er von seiner Mutter verlangen konnte. Dieser Betrag lag deutlich über seinen Vermögensfreibeträgen.

 

Der Mann war jedoch auch nach Aufforderung des Jobcenters nicht bereit, diesen Pflichtteil geltend zu machen. Er machte darauf aufmerksam, dass er dann aufgrund der üblichen Pflichtteilsstrafklausel beim Tode seiner Mutter von der Erbschaft vollständig ausgeschlossen sein würde. Im Übrigen habe er Skrupel, den Anspruch gegenüber seiner über 80 Jahre alten, schwer behinderten und pflegebedürftigen Mutter geltend zu machen. Diese müsse jedes Jahr einen Teil ihres Vermögens aufwenden, um ihre Ausgaben zu bestreiten. Normalerweise würde ihr Barvermögen noch einige Jahre ausreichen, zumindest bis zum Erreichen der statistischen Alterserwartung. Würde er jetzt aber seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen, verkürze sich dieser Zeitrahmen.

 

Seine Mutter habe im Übrigen auch angekündigt, den Pflichtteilsanspruch nicht freiwillig auszahlen zu wollen. Daraufhin bewilligte ihm das Jobcenter die Leistungen nach Hartz IV nur noch als Darlehen – zumindest bis zum theoretischen Pflichtteil.

 

Hartz IV und Erbschaft: Leistungen vom Jobcenter nur noch als Darlehen?

 

Das Gericht befand, dass das Jobcenter die Leistungen nur in Form eines Darlehens habe gewähren dürfen. Aufgrund des Anspruchs des Mannes auf den Pflichterbteil verfüge er über ein ausreichendes Vermögen.

 

Es sei aber grundsätzlich unzumutbar, von einem Leistungsempfänger im Falle eines Berliner Testaments zu verlangen, den Pflichtteil zu fordern. Dann würde der ausdrücklich im Testament festgelegte Wille der Eltern unterlaufen. Eine Ausnahme gebe es aber dann, wenn ausreichend Barvermögen vorhanden sei, um den ausgeschlossenen Erben auszuzahlen, ohne dass zum Beispiel ein Grundstück verkauft oder beliehen werden müsse.

 

Auch reichten die Rücklagen der Mutter bei Geltendmachung des Pflichtteils einige Jahre aus. Daher liege auch keine besondere Härte und damit keine Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme vor. Im Übrigen könne sich der Mann auch nicht auf die Pflichtteilsstrafklausel berufen, da völlig unklar sei, wie hoch der zukünftige Nachlass – auf den er dann verzichten müsste – sein werde.

 

Welche Freibeträge bei Nachlässen gelten und welche Pflichten Erben treffen, die Hartz IV erhalten, erklärt ein DAV-Sozialrechtsanwalt. Diesen in der Nähe findet man in der Anwaltssuche.

 

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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