Eingliederungshilfe: Anspruch auf volles Budget eines Behinderten

Dabei kommt es auf die Frage an, ob für den Betroffenen eine ambulanten 24-Stunden-Betreuung in häuslicher Umgebung besser und eine stationäre Versorgung im Einzelfall unzumutbar ist. Ist dies der Fall, besteht Anspruch auf die Übernahme der vollen Kosten, so die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Sie informiert über eine Entscheidung des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 2018 (AZ: S 7 SO 73/16).

 

Ambulante Pflege oder stationäre Versorgung?

Der mittlerweile 28 Jahre alte Mann erlitt bei einem Verkehrsunfall im Jahr 2012 ein massives Schädelhirntrauma. Wegen der bestehenden Behinderungen erhält er Leistungen der Pflegeversicherung gemäß Pflegegrad 5. Dies entsprach bis zum 31.12.2016 der Pflegestufe III. Der festgestellte Grad der Behinderung beträgt 100, mehrere Merkzeichen sind zuerkannt.

 

Er wohnt in einer Erdgeschosswohnung in einem kleinen Ort mit rund 500 Einwohnern, seine Mutter lebt in einer Einliegerwohnung in demselben Haus. So kann sie sich um den Sohn kümmern.

 

Im März 2014 beantragte dieser beim Landkreis zum ersten Mal Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege und von Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Eingliederungshilfe). Der Antrag lautete auf ein persönliches Budget für eine ambulante 24-Stunden-Pflege in Höhe von über 13.000 Euro monatlich.

 

Bewilligt wurden dem Mann Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe in Höhe von 4.800 Euro monatlich. Der Landkreis begründete seine Entscheidung damit, dass eine Unterbringung in der rund 20 Kilometer entfernt gelegenen stationären Einrichtung unter Berücksichtigung der persönlichen, familiären und örtlichen Umstände grundsätzlich zumutbar wäre. Auch sei die ambulante Versorgung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden. Bei der stationären Einrichtung sei Pflege, Betreuung und Therapie von Menschen mit schweren Hirnschädigungen sichergestellt. Auch würden gut ausgestattete Therapieräume zur Verfügung stehen. Der Landkreis sei verpflichtet, die aus allgemeinen Steuermitteln finanzierte Sozialhilfe sparsam zu verwenden. Außerdem gelte der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe.

 

Volle Eingliederungshilfe für Behinderte

Die Entscheidung des Landkreises war rechtswidrig, das Sozialgericht gab dem Kläger Recht. Er habe nach § 13 Abs. 1 SGB XII Anspruch auf ein persönliches Budget für die ambulante 24-Stunden-Pflege in voller Höhe. Entscheidend war, dass das Gericht die Versorgung in der stationären Einrichtung für unzumutbar hielt.

 

Es berücksichtigte insbesondere die sehr intensive Beziehung des Mannes zu seiner Mutter. Ein Umzug hätte erhebliche negative Auswirkungen auf seine psychische Stabilität nach sich gezogen. Sein familiäres Bedürfnis bestehe gerade in der engen Beziehung zur Mutter und dies habe Verfassungsrang (vgl. Art. 6 Abs. 1 GG). Die dauerhafte Versorgung im häuslichen Umfeld durch vertraute Personen sei entscheidend. Dies sei im stationären Rahmen in der Intensität nicht möglich. Ohne ständige Anregungen und „Impulsgaben“ würden die in den vergangenen Jahren mit Unterstützung der Mutter erworbenen Fähigkeiten zum Stillstand kommen oder sich gar zurückbilden.

 

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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