Freischaffende Opernsänger und Schauspieler versicherungspflichtig

(red/dpa). Einen solchen Fall hat das Landessozialgericht in Essen entschieden: Auch ein Operettensänger kann im Rahmen eines Gastspielvertrags in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Dann liegt keine selbstständige Tätigkeit vor, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

 

Sozialversicherungspflicht eines Opernsängers

Der 1962 geborene Mann ist seit 1996 freischaffend als Opernsänger und Schauspieler tätig. Seit 1999 ist er als musikalischer Solist und Schauspieler regelmäßiger Gast in einem Theater. Das Haus hat kein eigenes festes Ensemble. Alle künstlerischen Mitarbeiter sind über Teilspielzeit- oder Gastverträge engagiert.

Für eine Operettenproduktion schlossen Theater und Künstler einen Vertrag, wonach er als Sänger und Schauspieler engagiert wurde. Er nahm zunächst an verschiedenen Proben und anschließend an mehreren Vorstellungen teil. Der Mann ist ein künstlerisch anerkannter und populärer Sänger, der beim Publikum sehr beliebt ist.

 

Der zuständige Rentenversicherungsträger prüfte den Status des Mannes und stellte fest, dass er aufgrund seines Gastspielvertrags eine abhängige Beschäftigung ausgeübt hatte und deshalb sozialversicherungspflichtig war. Dagegen klagte der Mann.

 

Sozialversicherungspflicht für freischaffende Künstler mit festem Engagement

Das Landessozialgericht folgte grundsätzlich der Meinung des Rentenversicherungsträgers und bestätigte die Sozialversicherungspflicht des Künstlers. Dennoch war dessen Klage erfolgreich: Die Rentenversicherung hatte ihre Ansprüche zu spät geltend gemacht.

 

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist auch ein international renommierter Bühnenkünstler abhängig beschäftigt, wenn er "funktionsgerecht dienend" am künstlerischen Entstehungsprozess teilnimmt und in eine vom Träger des Theaters vorgegebene Organisation eingegliedert ist.

 

Die zwischen Künstler und Theater abgeschlossene Vereinbarung entspreche im Wesentlichen einem Arbeitsvertrag. Der Mann habe eine erfolgsunabhängige Vergütung erhalten, die monatlich berechnet und über die Lohnsteuerkarte abgerechnet worden sei. Er habe auch an Aufführungen und Proben teilnehmen müssen. Selbst eine kurzzeitige Abwesenheit in der Probenphase sei nur mit Genehmigung des Intendanten zulässig gewesen. Auch habe er über Abwesenheitszeiten die Theaterleitung rechtzeitig in Kenntnis setzen und telefonisch erreichbar sein müssen. Das für ein Arbeitsverhältnis maßgebliche Weisungsrecht wurde durch den Regisseur und Intendanten ausgeübt.

Um dem Künstler aber nicht das Gefühl der Nichtachtung seiner Kunst zu geben, führte das Gericht noch aus: Die Feststellung, dass ein Künstler im Rahmen eines Engagements abhängig beschäftigt sei, stelle in keiner Weise eine Herabsetzung seiner künstlerischen Reputation oder Leistung dar.

 

Beratung entscheidend

Die Frage, ob eine selbstständige oder abhängige Beschäftigung vorliegt, ist also entscheidend. Dabei gibt es immer wieder Grenzfälle, wie dieser Fall zeigt. Bei dem Abschluss solcher Verträge sollte man sich daher anwaltlich beraten lassen.

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen am 6. Mai 2015 (AZ: L 8 R 655/14)

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