Gericht stellt Grad der Behinderung (GdB) selbst fest

Ein Richter entscheidet den Grad der Behinderung selbst. Er ist nicht an das Gutachten eines Sachverständigen gebunden. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. März 2016 (AZ: B 9 SB 81/15 B), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) mitteilt. In dem Ursprungsverfahren hatte ein Gericht den GdB eines kleinwüchsigen Jungen mit 80 festgestellt.



Grad der Behinderung bei Kleinwüchsigen

In dem Ausgangsverfahren ging es um eine 2004 geborenen Jungen. Wegen einer angeborenen Knorpelerkrankung mit Wachstumsstörungen wurde ein GdB von 50 festgestellt. Seine gesetzlichen Vertreter verlangten in seinem Namen eine Neufeststellung des GdB von 80. Das Land lehnte das ab.



Im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren erklärte sich das Land bereit, einen GdB von 60 festzustellen. Das Sozialgericht lehnte eine höhere Feststellung ab.



Im Berufungsverfahren holte das Landessozialgericht ein Gutachten ein. Darin wurde die Funktionseinschränkungen des Jungen mit einem GdB von 70 bewertet. Auch dies erkannte das Land an. Der Kläger verfolgte sein Ziel jedoch weiter. 

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg stellte in der Berufung am 3. September 2015 (AZ: L 13 SB 103/14) bei dem Jungen einen GdB von 80 fest.



Gericht nicht an Sachverständigengutachten gebunden

In der Berufung wurde die Entscheidung damit begründet, dass der Junge auch nach den Ausführungen des Sachverständigen im Vergleich zu seinen nicht behinderten Altersgenossen in seinem Gehvermögen und seiner Mobilität besonders beeinträchtigt sei. Allein wegen seiner Funktionsstörung an den unteren Gliedmaßen sei ein GdB von 80 gerechtfertigt.



Gleichzeitig entschied das Gericht, dass die Revision nicht zugelassen war. Dagegen wandte sich das Land in der so genannten Nichtzulassungsbeschwerde. Dies lehnte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg aber ebenfalls ab.



Das Land konnte sich nicht darauf berufen, dass das Gericht „überraschend“ von den Vorgaben des Sachverständigen abgewichen und einen GdB von 80 feststellte.

Grundsätzlich geben die Gutachten vom Sachverständigen eine Orientierungshilfe. Ein Gericht stellt aber den Grad der Behinderung selbst fest, betonte das Gericht.



Beharrlichkeit mit anwaltlicher Hilfe zahlt sich aus

Der Kläger und seine Vertreter haben sich nicht beirren lassen und ihr Ziel beharrlich verfolgt und erreicht. Sie haben sich weder von der Entscheidung des Landes noch von der Entscheidung der ersten Instanz abhalten lassen. Letztlich hatte die Klage dank anwaltlicher Hilfe Erfolg. Vorher sollte man aber die Chancen und Risiken mit einem im Sozialrecht kundigen Anwalt in seiner Nähe genau abwägen. Im geschilderten Fall war spätestens, als das Land den Antrag des Jungen ablehnte, anwaltliche Hilfe notwendig.



Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Zurück

Wir setzen auf unserer Seite Cookies ein. Einige Cookies werden für technische Zwecke eingesetzt und sind daher von der Zustimmungsflicht ausgenommen. Andere nicht notwendige, optionale Cookies werden zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit eingesetzt, um die Nutzung unserer Website statistisch zu erfassen sowie zum Zwecke der Optimierung unseres Angebotes. Sämtliche optionale Cookies werden ausschließlich erst nach Ihrer Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO, § 25 Abs. 1 TTDSG gesetzt.
Durch Bestätigung des Buttons „Alle Akzeptieren“ stimmen Sie der Verwendung aller optionalen Cookies zu. Alternativ können Sie Ihre bevorzugten Einstellungen vornehmen, bevor Sie zustimmen oder ablehnen. Über den Button „Details anzeigen“ können Sie auswählen, welche optionalen Cookies Sie zulassen oder ablehnen wollen. Ihre Zustimmung können Sie jederzeit in ihren Einstellungen ändern oder zurückziehen.
Weitere Informationen zu den technischen und optionalen Cookies erhalten Sie auch in unserer Datenschutzinformation und im Impressum.