Gesundheitstourismus – wann zahlt die gesetzliche Krankenkasse?

Eine Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenkasse ist grundsätzlich nur möglich für Behandlungen, die im Inland nicht leistbar sind oder für Notfälle. Der Leistungsanspruch ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten und gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Wer also für eine Behandlung extra ins Ausland reist, hat schlechte Karten. Dies musste ein Mann erfahren, der extra für die Behandlung einer Borreliose in die Türkei zu gereist war. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen am 21. September 2017 (AZ: L 16 KR 284/17) entschieden, wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.


Extra zur Behandlung ins Ausland gereist

Geklagt hatte ein 40-jähiger, türkischstämmiger Mann, der vor vielen Jahren von einer Zecke gebissen wurde. Kurz vor Weihnachten 2014 reiste er in die Türkei und ließ dort die schmerzhafte Borreliose-Symptomatik behandeln. Seine Krankenkasse weigerte sich, die Kosten von umgerechnet rund 860 Euro zu erstatten. Sie meinte, die Behandlung sei auch im Inland möglich gewesen und es habe kein Notfall vorgelegen.
Der Kläger argumentierte, erst durch die Behandlung in der Türkei sei er halbwegs schmerzfrei geworden. Die entstandenen Kosten seien relativ gering, und er mache schließlich auch keine weiteren Auslagen geltend, wie etwa Fahrt- und Flugkosten.
Der Mann scheiterte vor Gericht. Eine Borreliose könne in Deutschland gut behandelt werden, so das Gericht. Ferner liege bei einer geplanten Behandlung auch kein medizinischer Notfall vor.


Vorheriger Antrag auf Auslandsbehandlung bei Krankenkasse sinnvoll

Man sollte versuchen, eine geplante Auslandsbehandlung vorher bei der Krankenkasse zu beantragen. Dies ist keine unnötige ‚Förmelei’, sondern notwendige Grundvoraussetzung der Leistungsgewährung. Denn ein vorheriger Antrag kann insbesondere auch zu einer Beratung zu weiterführenden Facharztbehandlungen im Inland führen.


Erkrankung im Urlaub – was übernimmt die Krankenkasse?

Wer im Urlaub krank wird, kann sich behandeln lassen. Gibt es ein Sozialversicherungsabkommen zwischen dem Urlaubsland und Deutschland, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten. Doch Vorsicht: Nur für die notwendigen Behandlungen und auch nur die Kosten in einem staatlichen Krankenhaus. Nicht dagegen die Kosten für eine Behandlung in einer Privatklinik.
Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2017 (AZ: L 8 KR 395/16). In dem Fall erkrankte ein 12-jähriges Mädchen im Türkei- Urlaub an einer Magen-Darm-Entzündung und dehydrierte. Der Hotelarzt veranlasste, dass das Mädchen mit einem Notarztwagen in die 2,7 Kilometer entfernte Privatklinik gebracht wurde. Dort bekam es zwei Tage im Wesentlichen Infusionen. Die Privatklinik stellte dafür umgerechnet knapp 2.300 Euro in Rechnung.


Erstattung nur für normale Behandlung – nicht für teure Privatklinik

Die Krankenkasse erstattete aber nur die Kosten für eine entsprechende Behandlung in einem staatlichen türkischen Krankenhaus von rund 370 Euro. Und zwar zu Recht. Da ein Sozialversicherungsabkommen mit der Türkei bestehe, müsse die Krankenkasse die notwendigen Kosten übernehmen, nicht aber die für eine teure Privatklinik. Der Anspruch sei auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt, so das Gericht.
Es wäre eine Behandlung in einem zwölf Kilometer entfernten und mit einer Fahrzeit von 16 Minuten erreichbaren staatlichen Krankenhaus möglich gewesen. Es war nicht ersichtlich, dass das Mädchen aus gesundheitlichen Gründen in der 2,7 Kilometer entfernten und in fünf Minuten Fahrtzeit erreichbaren Privatklinik habe behandelt werden müssen. Im Übrigen sei das Kind bereits im Notarztwagen ärztlich betreut worden.
In jedem Fall empfiehlt es sich zu überlegen, ob nicht eine Auslandskrankenversicherung für Urlaubs- oder Geschäftsreisen sinnvoll ist. Das rät die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Im Zweifel können Sozialrechtsanwälte prüfen, ob ein Anspruch gegen die Krankenkasse besteht oder diese einen Antrag auf Auslandsbehandlung genehmigen muss. So können teure Überraschungen vermieden werden.
Quelle: www.dav-sozialrecht-de

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