Krankenkasse muss Brustwarzenrekonstruktion durch Tätowierer bezahlen

Die Mamillen-Pigmentierung durch einen Tätowierer gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse. Dies ist jedoch nicht für jeden offensichtlich. Daher muss die Krankenkasse die Kosten bei einer sogenannten Genehmigungsfiktion dennoch bezahlen. Die Genehmigungsfiktion tritt ein, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb von drei Wochen auf einen entsprechenden Antrag antwortet oder innerhalb von fünf Wochen, wenn ein Gutachten erforderlich ist. Das Bayerische Landessozialgericht hat am 27. Februar 2020 (AZ: L 20 KR 306/19) eine Krankenkasse zur Übernahme der Kosten verurteilt.

Erstattung - Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) dargestellten Entscheidung geht es um die Kosten für eine durch einen Tätowierer durchgeführte Mamillen-Pigmentierung.

Wegen Burstkrebs musste die Klägerin operiert werden. Danach wurde auch ihre Brust wiederaufgebaut. Die Brustwarze wollte die Frau durch eine Mamillen-Pigmentierung rekonstruieren lassen. Sie übersandte am 2. Januar 2017 einen Kostenvoranschlag eines Tätowierers. Erst am 8. März 2017 lehnte die gesetzliche Krankenkasse die Kostenübernahme für die Behandlung durch den Tätowierer ab. Gleichzeitig teilte sie mit, dass die Kosten nur dann übernommen würden, wenn ein Vertragsarzt oder ein Krankenhaus die Maßnahme vornimmt. Trotzdem ließ die Frau am 30. März 2017 die Mamillen-Pigmentierung durch den Tätowierer durchführen.

Die Frau versuchte die Kosten einzuklagen, scheitert damit aber in der ersten Instanz. Ihre Hartnäckigkeit wurde allerdings in der zweiten Instanz belohnt.

Gesetzliche Krankenkasse muss Kosten von Tätowierer übernehmen

Das Landessozialgericht entschied, dass die Frau einen Anspruch auf Kostenerstattung hat. Entscheidend war hier, dass die sogenannte Genehmigungsfunktion eingetreten ist. Die Krankenkasse hatte sich schlicht zu viel Zeit gelassen mit der Beantwortung des Antrags. Die Genehmigungsfiktion tritt drei Wochen nach Antragstellung ein oder nach fünf Wochen, wenn noch ein ärztliches Gutachten erforderlich ist.

Damit die Genehmigungsfiktion eintreten kann, darf der Antrag nicht rechtsmissbräuchlich sein. Dies wäre er dann, wenn die beantragte Leistung objektiv und offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn „jedem Versicherten klar sein müsste“, dass dies die Krankenkassen nicht bezahlen.

Nach Auffassung des Gerichts war die beantragte Leistung zwar objektiv außerhalb des Leistungskatalogs, aber dies war eben nicht offensichtlich. Die Pigmentierung der Mamille ist nicht Ärzten vorbehalten. Das Pigmentierung von Hautschichten (tätowieren) steht auch nicht unter einem Erlaubnisvorbehalt. Tätowieren dürfen viele.

In diesem Fall hatte auch ein anerkannter Leistungserbringer der gesetzlichen Krankenversicherung (ein Brustzentrum) bestätigt, dass eine Mamillen-Pigmentierung durch einen Tätowierer als Teil der medizinischen Leistung im Rahmen einer Brustrekonstruktion zu betrachten ist. Daher durfte die Frau den Tätowierer beauftragen.

Krankenkasse: Trotz Ablehnung Kostenübernahme?

Zuletzt beschäftigte sich das Gericht in München noch mit dem Punkt, dass die Frau die Behandlung hatte vornehmen lassen, obwohl sie die Ablehnung der Kostenübernahme kannte.

Dieser Umstand habe aber keine Auswirkung, entschied das Sozialgericht. Denn die Genehmigungsfiktion war bereits eingetreten. Sähe man dies anders, würde die Genehmigungsfunktion weitgehend entwertet. Rechtsmissbräuchlich kann nach Auffassung des Gerichts auch nicht sein, dass bei unterschiedlichen (ärztlichen) Empfehlungen sich der Versicherte auf die günstigere beruft.

Die gesetzliche Krankenkasse musste diesmal also einen Tätowierer bezahlen.

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