Krankenkasse muss Kosten für richtige Therapie auch bei Fehldiagnose bezahlen

Die Krankenkasse kann sich nicht darauf berufen, dass die Therapie nicht geeignet war. Entscheidend ist, dass die Behandlung für die tatsächlich vorliegende Krankheit von Anfang an geeignet war. Dies gilt dann auch für eine vom Versicherten selbst bezahlte Immunglobulin-Therapie. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. September 2020 (AZ: L 8 KR 687/18).

Darf Krankenkasse Übernahme von Kosten für Behandlung ablehnen?

Der 66-jährige Versicherte leidet an einer multimodalen Sensibilitätsstörung der unteren Extremitäten. Zunächst wurde eine falsche Diagnose erstellt (Ganglionitis). Die Behandlung sollte mittels Immunglobulinen im Rahmen eines "Off-label-use" (Einsatz von Medikamenten außerhalb des arzneimittelrechtlich zugelassenen Anwendungsbereichs) erfolgen.

Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme hierfür ab. Die Voraussetzungen für einen Off-label-use lägen nicht vor. Der Versicherte ließ sich dennoch behandeln und übernahm hierfür zunächst selbst die Kosten. Dann verlangte er von seiner Krankenkasse Kostenerstattung.

Medizinische Gutachten ergaben, dass eine ärztliche Fehldiagnose vorlag. Zur Behandlung der tatsächlich vorliegenden Entzündung der Spinalhinterwurzel sind die verabreichten Immunglobulinen zugelassen. Die Krankenkasse weigerte sich aber weiter, die Kosten von rund 35.000 Euro zu bezahlen. Sie berief sich darauf, dass zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch eine andere Diagnose erstellt worden sei. Daher habe sie die beantragte Kostenübernahme zu Recht abgelehnt.

Behandlungskosten muss Krankenkasse erstatten – trotz Fehldiagnose

Die Klage des Versicherten wies das Sozialgericht in Fulda noch ab. Mit anwaltlicher Hilfe ließ der Mann aber nicht locker. Die Berufung beim Landessozialgericht in Darmstadt hatte Erfolg. Dies zeigt, dass man sich nicht einfach entmutigen lassen darf, um seine Ansprüche durchzusetzen. Rechtsanwältinnen und -anwälte im Sozialrecht in der Nähe findet man in der Anwaltssuche auf dieser Seite.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts war das Urteil des Sozialgerichts falsch. Die Bescheide der Krankenkasse waren rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Dieser hat daher einen Anspruch auf Erstattung der von ihm verauslagten Kosten der IVIG-Therapie von 34.773,35 Euro.

Für die Behandlung der objektiv vorliegenden Erkrankung war von Anbeginn der Einsatz von Immunglobulinen zugelassen und medizinisch indiziert. Damit hat die Krankenkasse die Kostenübernahme zu Unrecht abgelehnt.

Die Krankenkasse darf sich also nicht auf Diagnosefehler von Ärzten berufen. Denn dies würde den Verantwortungszusammenhang im System der Gesetzlichen Krankenversicherung "auf den Kopf stellen". Die Behandlung war für die tatsächlich vorliegende Krankheit geeignet, daher muss die Kasse die Behandlungskosten erstatten.

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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