Krankenkassen müssen MS-Erkrankten technisch aufwändiges Fußheber-System bezahlen

Leidet jemand an fortgeschrittener Multipler Sklerose, hat er Anspruch darauf, von seiner Krankenkasse mit einem modernen, technisch aufwändigen Fußheber-System versorgt zu werden. Er muss sich nicht auf günstigere aber weniger effektive Hilfsmittel verweisen lassen. Dies ergibt sich aus zwei Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. und 19. Juni 2018 (AZ: L 4 KR 531/17 und L 11 KR 1996/17). Bei diesem System handelt es sich um ein Hilfsmittel und nicht um eine Art der Behandlung, so die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht der Deutschen Anwaltvereins (DAV).

 

Anspruch auf Hilfsmittel bei Multipler Sklerose (MS)

Die beiden 1972 und 1978 geborenen Frauen sind vor rund 15 Jahren an Multipler Sklerose erkrankt, die stetig fortschreitet. Ihre Gehfähigkeit ist stark eingeschränkt. Daher beantragten sie 2014 bzw. 2015 bei ihren Krankenkassen ein Fußheber-System „Ness L 300“ als Hilfsmittel. Hierfür hatten sie Verordnungen der behandelnden Ärzte. Das System kostet rund 5.500 Euro plus verschiedener Zusatzkosten wie Einweisung, Anpassung und Software-Update.

 

Das System sendet drahtlos kleine elektrische Impulse an den Wadenbeinnerv und stimuliert dadurch die Fußheber. Dabei erfasst es in Echtzeit die Gehposition, die verschiedenen Gehgeschwindigkeiten sowie Änderungen in der Untergrundbeschaffenheit.

 

Die Krankenkassen lehnten die Anträge ab. Sie verwiesen auf herkömmliche, kostengünstigere und für die Versorgung ausreichende Fußhebeorthesen oder Peronäusschienen. Außerdem habe der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) keine positive Empfehlung für diese Art der Krankenbehandlung abgegeben.

Die von ihren Anwälten vertretenen Versicherten hatten bereits bei den Sozialgerichten in Freiburg und Stuttgart in erster Instanz Erfolg. Und dann auch vor dem Landessozialgericht.

 

 

Dies zeigt, dass man sich erfolgreich gegen Entscheidungen der Krankenkassen zur Wehr setzen kann. Sozialrechtsanwältinnen und Sozialrechtsanwälte in der Nähe findet man in der Anwaltssuche.

 

Krankenkassen müssen Kosten für Hilfsmittel übernehmen

Dem Anspruch auf das bessere Fußheber-System stünden weder Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte entgegen, noch dass der G-BA keine positive Empfehlung abgegeben habe. Eine positive Empfehlung des G-BA sei auch gar nicht erforderlich. Es handele sich schließlich nicht um eine Methode der Krankenbehandlung. Auch habe das Fußheber-System keine positive Auswirkung auf den Verlauf der MS-Erkrankung. Es diene nicht der eigentlichen Krankheitsbehandlung. Vielmehr sei es ein Hilfsmittel. Es habe den unmittelbaren Behinderungsausgleich zum Ziel. Die Gehfähigkeit und Mobilität solle dadurch verbessert werden.

 

Beim unmittelbaren Behinderungsausgleich dürften Versicherte nicht auf kostengünstigere, aber weniger wirksame Hilfsmittel verwiesen werden. Sie hätten einen Anspruch auf einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. In beiden Entscheidungen war das Gericht davon überzeugt, dass das neue Fußheber-System entscheidende Verbesserungen für die Gehfähigkeit und Mobilität der Versicherten mit sich bringt. Daher sei die Versorgung damit erforderlich und gerechtfertigt.

 

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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