Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) vom 28. November 2023 (AZ: 4 UF 108/23) ist das Familiengericht auch dann verpflichtet, eine Sorgerechtsentscheidung zu treffen, wenn ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Obhut genommen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn das Jugendamt während der Inobhutnahme sorgerechtliche Befugnisse hat, erläutert die Deutsche Anwaltauskunft.

Elterliche Sorge für minderjährige Flüchtlinge

Ein Jugendlicher aus den kurdischen Gebieten der Türkei reiste im November 2022 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland ein. Er wurde in Obhut genommen und dem Jugendamt W. zugewiesen (§ 42a SGB VIII). Das Jugendamt beantragte beim Familiengericht, das Ruhen der elterlichen Sorge festzustellen und es zum Vormund des Jugendlichen zu bestellen.

Das Familiengericht lehnte den Antrag ab. Es begründete dies damit, dass das Jugendamt während der Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII berechtigt sei, alle zum Wohl des Minderjährigen erforderlichen Maßnahmen zu treffen und es daher keiner Entscheidung des Familiengerichts bedürfe.

Beschwerde des Jugendamtes - Familiengericht muss entscheiden

Gegen den Beschluss des Familiengerichts legte das Jugendamt Beschwerde ein. Das OLG Hamm gab der Beschwerde statt und stellte fest, dass die elterliche Sorge für den Minderjährigen ruht und bestellte das Jugendamt zum Vormund.

Das OLG Hamm führte aus, dass eine Verhinderung der Eltern (§ 1674 Abs. 1 BGB) anzunehmen sei, wenn diese aufgrund der Entfernung oder sonstiger Umstände nicht in der Lage seien, die elterliche Sorge in geeigneter Weise auszuüben. Dies sei hier aufgrund der sprachlichen und technischen Barrieren sowie der Unkenntnis der Eltern über die für den Jugendlichen in Deutschland bestehenden Verhältnisse der Fall.

Zwar stehe die bloße physische Abwesenheit der Eltern der Ausübung der elterlichen Sorge nicht per se entgegen. Im konkreten Fall sei dies jedoch aufgrund der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten, der technischen Schwierigkeiten und der Sprachbarrieren der Eltern der Fall. Das Gericht betonte, dass die Befugnisse des Jugendamtes nur vorläufiger Natur seien und eine gerichtliche Entscheidung erforderlich sei, um die rechtliche Vertretung des Minderjährigen sicherzustellen.

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

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